DRK Hessen fordert Alternative zu Schließung der Impfzentren und kritisiert Kommunikation über scheinbare Impferfolge
Mit Sorge sieht der DRK-Landesverband Hessen e.V. der angekündigten Schließung der Impfzentren in Hessen Ende September entgegen und fordert alternative Überlegungen dazu.
Ein Vorschlag wäre zum Beispiel die Installation von kleinen mobilen Impfeinheiten.
Norbert Södler, Präsident des DRK-Landesverbandes Hessen e.V., veranschaulicht seine Haltung: „Die Impfzentren waren und sind nur ein zeitlich begrenztes - aber essenziell wichtiges - Instrument zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Sie allerdings nun ersatzlos im September zu schließen, halten wir für zu früh.
Bereits jetzt hat die Diskussion über steigende Inzidenzen begonnen und die mögliche Ausbreitung der indischen Virusvariante. Zum derzeitigen Zeitpunkt ist noch unklar, ob der größte Teil der impfinteressierten Bevölkerung bis September voll geimpft werden kann. Zudem wird möglicherweise eine dritte Impfung von Personen notwendig, die zu Beginn des Jahres den vollen Impfschutz erhalten hatten. Schließlich müssen auch noch spezielle Zielgruppen geimpft werden, die nicht gut durch das System der niedergelassenen Ärzte erreicht wurden.
Deshalb votieren wir als DRK für die Beibehaltung einer Impf-Infrastruktur. Dies könnte beispielsweise in Form von kleinen mobilen Impfeinheiten sein, die in Landkreisen eine zuverlässige und gleichzeitig flexible Versorgungsstruktur bieten.“
Aufbau und Kosten der Impfzentren
Praktisch über Nacht hat das DRK in Hessen im November und Dezember 2020 den Aufbau und Anlauf von Impfzentren übernommen. Allein an sieben Impfzentren waren im Vorfeld etwa 285 ehrenamtliche Rotkreuzlerinnen und Rotkreuzler aus dem Katastrophenschutz am Aufbau beteiligt.
Damit einhergehend mussten Organisationsstrukturen gebildet werden, z.B. geeignete Räumlichkeiten, passend entwickelte Wegemodelle und Abläufe für Impflinge, Transporte, mobile Impfteams und Personal.
Oberstes Ziel war, die Menschen nach der von der Bundesregierung vorgegebenen Prioritätenliste möglichst rasch zu impfen. Die Auslastung der Impfzentren und die damit verbundene Impfgeschwindigkeit war von Anfang an bestimmt durch die zugelieferte Impfstoffmenge.
Norbert Södler merkt an: „Die Impfzentren in Hessen waren gezwungen unter ihrer Maximalkapazität zu arbeiten, da der Impfstoff nicht ausreichend zur Verfügung stand. Dazu kam, dass die vorgegebenen Vorhaltungen für die Impfzentren sehr (kosten)aufwändig waren.“
Kosten und scheinbar schnelle Impferfolge
Die Kassenärztliche Vereinigung forderte mit dem Startschuss der Impfzentren dreistellige Stundenlöhne für Ärzte und höhere zweistellige für medizinisches Fachpersonal. Obwohl die vertraglichen Bedingungen zwischen Gebietskörperschaften und Impfzentren individuell geschlossen wurden, forcierte die Knappheit dieser Fachleute auf dem Markt die Zahlung der geforderten Summen. Dies wirkte sich deutlich auf die Gesamtkosten der Impfzentren aus.
Ergänzend dazu betont der Präsident des DRK in Hessen: „Die Integration der Hausärzte in die Impfkampagne im April sorgte für einen vermeintlich schnelleren Impferfolg, und wurde als solcher fälschlicherweise kommuniziert. Allerdings hatte sich nur die Gesamtliefermenge des Impfstoffes erhöht, der nun von Impfzentren und Hausärzten verimpft wurde.“
DRK Hessen in den hessischen Impfzentren
Das DRK in Hessen verfolgt seit Start der Impfkampagne im Dezember 2020 als oberstes Ziel, das Impfen in Hessen voranzubringen. Die DRK-Kreisverbände in Hessen sind an 22 von insgesamt 28 Impfzentren in Hessen beteiligt, elf werden vom DRK allein oder in Kooperation betrieben.
Norbert Södler erläutert die DRK-Strukturen: „Das DRK ist - wie alle anderen Hilfsorganisationen - eine Einsatzorganisation. Wenn Regelstrukturen fehlen oder nicht ausreichend aufgebaut sind springen wir ein. Das ist bei Großschadenslagen der Fall oder eben während einer Pandemie. Unsere Einsätze sind zeitlich begrenzt. Ich bin sehr stolz auf die außergewöhnlichen Leistungen, die unserer Rotkreuzlerinnen und Rotkreuzler mit voller Kraft seit dem letzten Frühjahr 2020 gestemmt und bewältigt haben. Zu Recht ist das DRK in Hessen in dieser großen Form an den Impfzentren beteiligt, einfach weil es dazu in der Lage war und ist. Die Haus- und Fachärzte bilden die richtige Regelstruktur, wenn es um das fortlaufende Impfen geht.“
Rückblick
Seit März 2020 sind mindestens 1.874 ehren- und hauptamtliche Rotkreuzlerinnen und Rotkreuzler in Hessen im Einsatz gegen Corona (722 Ehrenamtliche und 1.152 Hauptamtliche). Sie engagieren sich in den Impfzentren, bei den mobilen Impfteams und bei den Testungen, stellen den Hintergrunddienst im Rettungsdienst sicher, arbeiten in den koordinierenden DRK-Einsatzstäben und übernehmen Sonderaufgaben z. B. in den Alten- und Pflegeeinrichtungen.
DRK Hessen beteiligt an 22 von 28 Impfzentren
Elf Impfzentren werden seit Ende Dezember 2020 von folgenden DRK-Kreisverbänden (KV) und einer GmbH als Dienstleister betrieben, davon fünf in Alleinverantwortung des DRK, sechs in Kooperation mit anderen Hilfsorganisationen oder Partnern:
• DRK-KV Dillenburg e.V. in Lahnau-Waldgirmes (Lahn-Dill-Kreis)
• DRK-KV Eschwege e.V. mit DRK-KV Witzenhausen e.V. – Eschwege (Werra-Meißner-Kreis)
• DRK-KV Frankfurt e.V. in der Festhalle (Stadt Frankfurt)
• DRK-KV Fulda mit DRK-KV Hünfeld und weiteren Kooperationspartnern in Fulda (Kreis Fulda)
• DRK-KV Limburg e.V. mit DRK-KV Oberlahn e.V. in Limburg-Dietkirchen (Kreis Limburg-Weilburg), gemeinsam mit MHD
• DRK-KV Marburg-Gießen e.V. (gemeinsam mit JUH) in Marburg (Kreis Marburg-Biedenkopf) und
• Heuchelheim (Kreis Gießen)
• DRK-KV Main-Taunus (gemeinsam mit ASB) in Hattersheim (Main-Taunus-Kreis)
• DRK-KV Odenwaldkreis in Erbach (Odenwaldkreis)
• DRK-Rettungs- und Sozialdienste Starkenburg GmbH in Reinheim (Kreis Darmstadt-Dieburg, gemeinsam mit JUH)
• DRK-KV Schwalm-Eder e.V in Fritzlar (Schwalm-Eder-Kreis)
Bei elf weiteren hessischen Impfzentren stellt das DRK Teilkomponenten wie Impfpersonal, den Sanitätsdienst, mobile Impfteams oder Logistik.
Das Rote Kreuz in Hessen
Das hessische Rote Kreuz gliedert sich in 37 Kreisverbände und 424 Ortsvereine. Die fünf Gemeinschaften Bereitschaften, Wasserwacht, Bergwacht, Wohlfahrts- und Sozialarbeit sowie das Jugendrotkreuz sind die Elemente des Deutschen Roten Kreuzes in Hessen.
Wir haben 322 Bereitschaften, 193.130 Fördermitglieder, 18.429 aktive Helferinnen und Helfer, darunter 4.579 Jugendrotkreuzmitglieder in 260 JRK-Gruppen. Zudem arbeiten 7.976 hauptamtliche Mitarbeiter im DRK Hessen.